Schreibtipps: Regeln für gute Texte

Ungefähr 439’000 Ergebnisse erhalte ich, wenn ich Google frage, wie ich gute Texte schreibe.

  • «Goldene Regeln für gute Texte»
  • «Fünf Tipps für gute Texte»
  • «10 Regeln für richtig gute Texte»

Offenbar ist Schreiben lernbar, wenn man sich an gewisse Regeln hält.

Stimmt das?

Ja, es stimmt. Schreiben ist ein Handwerk und als solches tatsächlich an gewisse Regeln gebunden. Wenn Sie diese Regeln berücksichtigen, werden Ihre Texte vermutlich einigermassen gut.

Es stimmt aber nur begrenzt: Gute Texte entstehen nicht einfach, wenn man die Regeln kennt. Sie entstehen dann, wenn man die Regeln lernt, anwendet, übt, verinnerlicht und sich ganz auf das Schreiben einlässt. Aber dazu mehr später. In diesem Beitrag stelle ich Ihnen meine Regeln für gute Texte vor. Ob diese in Stein gemeisselt sind, erfahren Sie am Schluss des Artikels.

Schreiben Sie, was Sie sagen wollen

Immer wieder lese ich Texte, die mich ratlos zurücklassen. Es werden Worte aneinandergereiht, Sätze zusammengefügt und Floskeln bemüht – und ich denke nach dem Lesen nur: Hä?

Überlegen Sie sich bei jedem Text, den Sie schreiben, was die Aussage ist. Was sollen die Leser*innen erfahren? Notieren Sie Ihre Hauptaussage und halten Sie sich beim Schreiben immer vor Augen. Schreiben Sie dann nur noch, was zur Erläuterung dieser Aussage wichtig ist. Alles andere lassen Sie weg.

Fokus macht gute Texte.

Schreiben Sie so, dass Ihre Texte verstanden werden

Führen Sie sich vor Augen, an wen sich Ihr Text richtet (die berühmte Zielgruppe). Schreiben Sie dann so, dass diese Zielgruppen den Inhalt verstehen und sich angesprochen fühlen.

Texte, die sich an medizinische Fachpersonen richten, werden von Laien oft nicht verstanden. Texte, die sich an Laien richten, sind für medizinische Fachpersonen irrelavant und langweilig. Senioren fühlen sich nicht angesprochen, wenn Sie von hippen Gadgets und Bungeejumping labern.

Versetzen Sie sich in Ihre Zielgruppe und passen Sie Formulierungen und Tonalität entsprechend an.

Benutzen Sie Verben statt Nomen

Bei Gesetzen und Dokumenten der Stadtverwaltung mag der Nominalstil ok sein, bei allen anderen Texten gilt: Je weniger Substantive dieser Art, desto besser.

Ich weiss gar nicht genau, woher es kommt, aber irgendwie haben Deutschsprachige immer das Bedürfnis, Texte mit möglichst vielen Substantiven zu bestücken. Die Folge: Die Texte werden schwer verständlich und schlecht lesbar. Ersetzen Sie Substantive deshalb möglichst oft mit Verben.

  • Statt der Versuch wurde unternommen schreiben Sie versuchen.
  • Ersetzen Sie eine Veränderung vornehmen durch verändern.
  • Nicht die Zustimmung erteilen sondern zustimmen.

Achtung: Ich meine hier natürlich nicht «echte» Substantive, wie zum Beispiel Hund oder Auto, sondern spreche von Nominalisierungen bzw. Substantivierungen: Wenn aus einem Verb oder Adjektiv ein Substantiv gebildet wird.

Schreiben Sie aktiv und konkret

Beim Schreiben – insbesondere für die Öffentlichkeit – geben Sie immer auch etwas von sich preis, entblössen Sie sich ein bisschen, machen sich angreifbar. Die Leser*innen könnten Sie, Ihren Schreibstil, Ihre Meinung in Frage stellen oder kritisieren. Da ist es einfacher, sich hinter vagen Formulierungen zu verstecken.

  • «Man sollte aktiv und konkret schreiben.»
  • «Passive und vage Formulierungen sollten vermieden werden.»
  • «Die Einkommen der Angestellten wurden gekürzt.»

Nennen Sie die Dinge beim Namen und sprechen Sie Ihre Leserinnen direkt an. Überlegen Sie sich bei jedem Satz, wer der Akteur ist und was er getan hat. Wenn möglich, unterstreichen Sie Ihre Aussagen mit Fakten und Zahlen.

Finden Sie die richtigen Wörter

Wenn Sie gute Texte schreiben wollen, sollten Sie auf einige Dinge verzichten: Verwenden Sie möglichst wenig Fremdwörter und wenn Sie sie benutzen, erklären Sie sie oder greifen Sie auf einigermassen bekannte Ausdrücke zurück.

Füllwörter wie «also», «eigentlich», «allerdings», «mehr oder weniger» machen Ihre Texte länger, sperriger und unattraktiver. Ich selber stehe mit den Füllwörter auf Kriegsfuss: Irgendwie finden sie immer einen Weg in meine Texte und ich muss sie in mühsamer Kleinarbeit herauspicken, wenn ich meine Texte überarbeite.

Mit Vorbehalt sollten Sie auch Metaphern einsetzen: Sie verschönern und beleben Texte oft, werden aber nicht immer verstanden und allzu oft auch falsch eingesetzt.

Fazit: Regeln sind wichtig, machen alleine aber noch keine guten Texte

Ich habe eingangs geschrieben, dass Ihre Texte «vermutlich einigermassen gut» werden, wenn Sie sich an die Regeln für gutes Schreiben halten. Doch «einigermassen gut» genügt nicht: Wenn Sie wirklich gute Texte schreiben wollen, müssen Sie noch weitere Aspekte berücksichtigen.

Gute Texte entstehen vor allem dann, wenn Sie mit Freude und Spass schreiben. Wenn Sie oft und gerne schreiben. Wenn Sie üben. Ihre Texte reflektieren, verwerfen, neu formulieren. Wenn Sie viel lesen, Texte analysieren. Wenn Sie bereit sind, sich in Ihre Zielgruppe hineinzuversetzen, sie kennenzulernen. Gute Texte entstehen, wenn Sie Schreibtalent und Sprachgefühl haben.

Und ich habe schon eine Menge Texte gelesen, die komplett auf alle Regeln gesch**en haben und nicht nur gut, sondern grandios waren.


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